
Serienreview on Point zu »Art of Crime« | Wenn Mord zur Kunst wird, braucht ein impulsiver Kommissar dringend eine scharfsinnige Kunstexpertin
Eigentlich lese und schaue ich selten Krimis. Eine Kunstbanausin bin ich obendrein (es kommt auf die Kunstrichtung an). Da schaue ich also vor einigen Tagen spontan in die ZDF-Mediathek und stoße auf die kürzlich bei ZDFneo ausgestrahlte französische TV-Krimiserie Art of Crime. Mein erster Gedanke: Mord und Kunst? Nein danke! Mein zweiter Gedanke: Klingt dennoch interessant. Also klicke ich die erste Doppelfolge an und bin sofort gefesselt von zwei spleenigen wie (in)kompatiblen Ermittlern, die in der Pariser Kunstszene gemeinsam Morde aufklären und sich nebenbei auf den Geist gehen – und zuweilen sogar Geister sehen oder so was in der Art. Kunstverstand: Absolut! Teamgeist: Es wird! Eigenwilliger Humor: Aber Hallo!
Die erfolgreiche Krimiserie aus Frankreich eignet sich – alleine aufgrund der überschaubaren Episodenanzahl – super für einen kleinen Serienmarathon. Von mir gibt es eine klare Serienempfehlung und ich freue mich, dass bereits eine vierte Staffel geplant ist.
»Art of Crime« auf den Punkt betrachtet
Originaltitel: Art of Crime ǀ Land: Frankreich ǀ Serienstart: 2017 (3 Staffeln / 16 Folgen) ǀ Spielzeit: ca. 50 Minuten (je Folge) ǀ Darsteller: u. a. Éléonore Gosset (Florence Chassagne), Nicolas Gob (Antoine Verlay), Benjamin Egner (Alexandre Pardo), Philippe Duclos (Pierre Chassagne), Ambroise Sabbagh (Greg Blanqui)

Florence Chassagne (Eleonore Gosset-Bernheim) und Antoine Verlay (Nicolas Gob) ermitteln gemeinsam in »Art of Crime« | © Foto: obs/ZDFneo/Thierry Langro
- Der Kommissar: Im Mittelpunkt von »Art of Crime« steht zum einen der aneckende Kommissar Antoine Verlay. Antoine ist von Natur aus ruppig und hat keinen blassen Schimmer von Kunst. Obwohl ihm sein Chef beim OCBC diesbezüglich allmählich die Pistole auf die Brust setzt, nachdem Antoine aufgrund eines Fehlverhaltens bei der Kripo in die Abteilung für Kriminalität im Kunstgewerbe versetzt wurde. Für Antoine steht der Job an erster Stelle, erst danach kommt die Familie. Die Abneigung für Kunst steht dem (bald) geschiedenen Vater von zwei Söhnen in jeder Szene ins Gesicht geschrieben. Herrlich! Der Grund dafür offenbart sich in der zweiten Staffel und bringt den chronischen Stirnrunzler fast zur Verzweiflung.
- Die Kunsthistorikerin: Zum Glück bekommt Antoine die emphatische wie leidenschaftliche Kunsthistorikerin Florence Chassagne an die Seite gestellt, ohne deren Fachwissen er oft im Dunkeln tappen würde. Florence liegt regelmäßig auf der Couch ihrer Psychologin, weil sie unter einer Phobie leidet und verstorbene Künstler wie Leonardo da Vinci oder Claude Monet sehen kann – wie einen imaginären Freund. Mental tritt sie mit ihnen sogar in den inneren Dialog und löst so einige verzwickte Mordfälle. Dass sich Florence moralisch fehlgeleiteter Vater Pierre Chassagne – ebenfalls ein Kunstexperte – zuweilen in die Ermittlungen einmischt, schmeckt der scharfsinnigen Optimistin weniger, rettet ihr mitunter aber das Leben.
- Das Setting: »Art of Crime« spielt im Pariser Kunstmilieu. Das Kunstmuseum Louvre dient dabei als eine zentrale Kulisse, da Florence hier arbeitet. Die Zuschauer bekommen somit allerhand Gemälde und Skulpturen zu sehen. Neben dem Verhörraum des OCBC, in dem die Verdächtigen von Antoine beharrlich unter die Lupe genommen werden. So dreht sich ein Mordfall der ersten Staffel u. a. um das imposante wie verstörende Ölgemälde Das Floß der Medusa des französischen Romantikers Théodore Géricault, das im Louvre ausgestellt wird. Direkt davor liegt auch sogleich das erste Mordopfer. Alleine die zahlreichen Szenen im Louvre sowie weiteren Pariser Sehenswürdigkeiten machen einen Blick in die Serie mehr als lohnenswert.
Antoine Verlay: »Hören Sie. Von Malerei habe ich keine Ahnung, aber mit Gaunern kenne ich mich aus. Und so eine komplizierte Nummer zieht man nicht umsonst durch.«
Zitat aus Staffel 1 Folge 2 »Art of Crime«
- Der Krimifaktor: Wer ist der Mörder? Ich kann nur für mich sprechen, aber mein Verdacht hat sich am Ende einer Doppelfolge gelegentlich bewahrheitet – trotz falscher Fährtenlegung. Allerdings ist es immer wieder faszinierend, wie Florence und Antoine die Mörder mit detailverliebtem Kunstwissen und Hartnäckigkeit entlarven. Unterdessen setzen beide beständig das eigene Leben aufs Spiel, indem sie impulsiv handeln und infolgedessen gerne in die Falle tappen. Das schmerzt hin und wieder beim Zuschauen. Erfrischend: Die gegenseitigen Rettungsaktionen halten sich die Waage. Während Antoine von den Gegnern gerne mal entwaffnet und ans Bett gefesselt wird, kann sich Florence in brenzligen Situationen auf ihre Redekunst verlassen.
- Der Liebesfaktor: In »Art of Crime« geht es primär um Mord und Kunst. Romantische Gefühle sind da nebensächlich, aber keinesfalls vom Tisch. Eine gewisse Anziehung zwischen Florence und Antoine ist unübersehbar. Denn wie heißt es so schön: Was sich neckt… Eingangs wird schon verbissen darüber diskutiert, wessen Kaffeemaschine den besseren Kaffee kocht. Die Dialoge über Kunstverständnis und Kunstunverständnis sind überdies ein echter Genuss.
- Die Chemie: Der belgische Schauspieler Nicolas Gob und die französische Darstellerin Éléonore Gosset-Bernheim geben alles in allem ein ungleiches Ermittlerduo ab, das charakterlich zwar einige Genreklischees bedient, im Zusammenspiel aber für amüsante Krimiunterhaltung sorgt. Dem steht der Nebencast um Florence Serienvater Pierre Chassagne (Philippe Duclos) und Antoines Chef Alexandre Pardo (Benjamin Egner) in nichts nach.
- Das Erzähltempo: Da die ersten beiden Staffeln je drei Doppelfolgen und die dritte Staffel lediglich zwei Doppelfolgen beinhalten, gibt die Serie ein hohes Tempo bei der Charakterentwicklung vor. Der Fokus liegt stets bei den aufzuklärenden Mordfällen, das Privatleben der Figuren wird dezent Drumherum drapiert. Ist Florence in der einen Folge noch Single, hat sie in der darauffolgenden Episode plötzlich einen Liebhaber an ihrer Seite. Die rätselhaften Aspekte bleiben zum Teil ebenfalls vage und dadurch ein anhaltendes Mysterium. Das betrifft insbesondere die metaphysische Verbindung zwischen Florence und Antoine, die stetig neue Fragen aufwirft. Dadurch erhöht sich die zwischenmenschliche Spannung von Folge zu Folge.
Fazit
»Art of Crime« ist eine temporeiche wie schnelllebige TV-Krimiserie, die Kunst und Mord anschaulich verbindet und in Szene setzt. Éléonore Gosset-Bernheim und Nicolas Gob sorgen als pfiffige Kunsthistorikerin und aneckender Kommissar für amüsante Krimiunterhaltung im Pariser Kunstgewerbe – wenn auch nicht immer mit unerwartetem Ausgang bei der Suche nach den Mördern. Die rätselhaften Aspekte der Serie bleiben zum Teil vage und ergo ein Mysterium. Dadurch erhöht sich die zwischenmenschliche Spannung von Folge zu Folge. Die Dialoge über Kunstverständnis und Kunstunverständnis sind überdies ein echter Genuss.
»Art of Crime« Staffelübersicht
unbezahlte Werbung
Staffeln/Episoden | Wo zu sehen? |
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1. Staffel = 6 Folgen (3 Doppelfolgen) | ZDFneo Mediathek bis 30.10.2020* ǀ Amazon Prime Paket |
2. Staffel = 6 Folgen (3 Doppelfolgen) | ZDFneo Mediathek bis 31.10.2020* |
3. Staffel = 4 Folgen (2 Doppelfolgen) | ZDFneo Mediathek bis 01.11.2020* |
4. Staffel = 4 Folgen (2 Doppelfolgen) | Erscheint voraussichtlich 2021 |
* Die aktuellen Sendetermine/Verfügbarkeiten stehen in der ZDFneo Mediathek
Bildrechte (Serienfoto): ZDF ǀ Fotograf: Thierry Langro
Transparente Information: |
Dieser Beitrag ist ohne jedwede Kooperation entstanden. Im Text gibt es Verlinkungen zur ZDFneo Website – zur näheren Information. Ich selbst verdiene keinen Cent mit den Verlinkungen. |
2 Comments
Nicole
Die Serie hatte ich gar nicht auf dem Schirm, aber klingt definitiv spannend. Was ich ganz interessant finde, ist der Dialog mit den Künstlern, das hebt das ganze ja dann doch von anderen Genrevertretern ab. Die gängigen Klischees mit denen muss man halt Leben können, ich denke da wird man nur wenige Krimiserien finde, die die nicht bedienen. Ich mag das mit den Ermittler-Duos ja immer gerne, egal ob das dann in Richtung Freundschaft oder Liebschaft geht, gefällt mir immer gut, weil solche Beziehungen die Zuschauer ja oft auch binden und bei der Stange halten. Ich nehme jetzt mal Hawaii Five-0 als Beispiel aber nach 10 Staffeln habe ich nicht mehr wegen den Fällen eingeschaltet, die haben sich ja irgendwann wiederholt, sondern wegen der Figuren und ihrer Beziehungen. Am Ende ist das halt doch ein wichtiger Punkt.
Dankeschön für dein liebes Kommentar Doreen und entschuldige, dass ich erst so spät antworte – aber ich war etwas im Uni-Stress.
Aber da hast du ja Serientechnisch alles richtig gemacht 😛 und was ich so rauslese, bist du von den Serien ja genauso begeistert wie ich, was mich freut. Bin auch sehr gespannt auf Staffel 2 von Carnival Row und The Witcher, nur schade, dass wir da länger drauf warten müssen, wegen Corona. Aber: Die Dreharbeiten laufen zumindest und das ist besser als nichts. Bei The 100 bin ich auch gespannt auf das Ende und hoffe, dass das bald bei Sixx zu sehen ist.
“Younger” mag ich aber auch total, das ist meine große Rom-Com Leidenschaft. Bei “The Man in the High Castle”, wollte ich fragen ob du schon die finale Staffel gesehen hast, und wenn ja ist die gut?
Doreen
Hi Nicole,
solltest du die Serie mal schauen: Viel Spaß! Ich hatte ihn definitiv beim Schauen. Klar, dass manches in Filmen/Serien nach einem gewissen Muster verläuft. Das fand ich hier auch nicht wirklich störend, ich wollte es aber nicht unerwähnt lassen. Wenn du solche ungleichen Duos in Krimiserien ohnehin magst, kannst du hier eigentlich nicht viel falsch machen. Antoine und Florence geben schon ein unterhaltsames Gespann ab und gerade die Kommunikation mit den imaginären Künstlern macht es (für mich) interessant. So lernt man nebenbei noch etwas über Kunst und Künstler. Die Serie ist eben nur ein bisschen temporeicher als andere – aufgrund der geringen Episodenanzahl pro Staffel.
Bei »Carnival Row« und »The Witcher« freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzungen. Und Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Da müssen wir uns jetzt leider gedulden. 😊
Die finale Staffel von »The Man in the High Castle« habe ich direkt zum Staffelstart gesehen. Ich fand sie wieder sehr spannend und gut gemacht. Obwohl bei dieser Serie ja leider nicht immer alle Erwartungen erfüllt werden bzw. man von den Wendungen oft überrascht wird. Gerade was die Figur des Joe Blake betrifft, hatte ich für die vierte Staffel so meine Hoffnungen. Ich persönlich finde das Ende etwas verwirrend, kann der Serie insgesamt aber nur einen Daumen nach oben geben – vor allem was die einzelnen Charakterentwicklungen (es ist nicht alles nur Schwarz-Weiß) und Unvorhersehbarkeit betrifft. Also ja, für mich ist sie gut.
Viele Grüße
Doreen